Der Vorstand des Vereins Deutscher Kokereifachleute e.V. und die Jury zur Verleihung der Koker-Medaille haben einstimmig beschlossen, die

 

Koker-Medaille 2016

 

Herrn Dr.-Ing. Leo Nelles

 

aus Krefeld zu verleihen. Mit der Auszeichnung sollen die besonderen Leistungen von Dr. Nelles bei der Weiterentwicklung der betrieblichen Kokereitechnik sowie bei der Vertretung des deutschen Kokereiwesens in nationalen und internationalen Gremien gewürdigt werden.

Für den jungen Leo Nelles war der spätere Berufsweg eigentlich vorgegeben, wurde er doch am 6. April 1948 in Gelsenkirchen in eine Koker-Familie hineingeboren. Im Stadtteil Horst wuchs er auf in einer Zeit, an die er immer gern zurückblickte. Sein Großvater und Vater waren beide in leitenden Positionen auf Kokereien tätig. Und so lernte der kleine Leo recht bald den Betrieb auf den Kokereien Nordstern und Zollverein kennen. Die großen Maschinen auf der Kokerei Nordstern haben es ihm schon als Kind angetan, nichtahnend, dass er später einmal für die seinerzeit größten Koksöfen der Welt verantwortlich sein würde. Bis dahin dauerte es aber noch ein wenig.

Nach der Grundschule besuchte Leo Nelles das damalige Jungengymnasium in Gladbeck, das heutige Ratsgymnasium. Der Technik aufgeschlossen entschied er sich dabei zum Schluss für den mathematisch-naturwissenschaftlichen Zweig. Im Jahr 1968 legte er die Abiturprüfungen ab.

In seiner Jugend besaß der Kokereibetrieb für Herrn Dr. Nelles immer eine besondere Bedeutung. Und das nicht nur wegen der familiären Banden, sondern auch dadurch, dass sich vielseitige Kontakte zu Koker-Kollegen seines Vaters ergaben. Und dazu kam sein persönliches Engagement, mit dem er sich interessante und sicher auch ertragreiche Ferienjobs im Zechenbetrieb verschaffte.

Die 1968 eigentlich anstehende Berufswahl konnte Herr Dr. Nelles ein wenig aufschieben, da nun zuerst der Wehrdienst anstand. Auch wenn er manchmal mit der Architektur geliebäugelt hatte, so waren es vielleicht auch die zwei Jahre bei den Panzergrenadieren in der schönen Holsteinischen Schweiz, die den Entschluss reifen ließen, die familiären Traditionen fortzuführen. Und so begann er im Jahr 1970 das Studium des Bergbaus an der Technischen Universität in Berlin. Seine Zeit als Bergbaubeflissener absolvierte er auf der Zeche Nordstern. Zum Studienende spezialisierte sich Dr. Nelles im Bereich Aufbereitungs- und Veredlungstechniken, wo er das Glück hatte, von Herr Professor Simonis privatissime in die Kokereitechnik eingeführt zu werden. Nach dem Hauptexamen im Jahr 1975, das er mit sehr gut absolvierte, trug sich Dr. Nelles zunächst mit dem Gedanken, direkt ins Berufsleben einzutreten.

Diese Idee ließ er aber bald fallen. Auch auf Anraten der Koker-Kollegen seines Vaters, zu denen auch unser unvergessener Dr. Klaus Hofherr zählte, begann er stattdessen eine Doktor-Arbeit unter Leitung von Professor Simonis zur Problematik des Körnungseinflusses der Kokskohle auf das Koksbildungsvermögen an ("Die Abhängigkeit des Koksbildungsvermögens von der Korngrößenverteilung der Steinkohle bei unterschiedlichen Aufheizbedingungen und die Änderung der Elementarzusammensetzung des festen Pyrolyserückstandes in dem Temperaturbereich zwischen 570 und 1070 K"). Sicher ahnte er zu diesem Zeitpunkt nicht, dass diese Problematik ihn später in der Funktion eines Kokereileiters wieder einholen könnte.

Nach Abschluss der Promotion wechselte er 1978 als Betriebs-Ingenieur auf die Kokerei der damaligen Mannesmann-Röhrenwerke in Huckingen und blieb dort zunächst bis zum Jahr 1991. In diese Zeit fielen Planung und Bau der damals modernsten Kokerei mit vormals nicht erreichten Batterieabmessungen. Für die technische Planung zeichnete damals Dr. Reinhold Beckmann verantwortlich; an der Umsetzung der anspruchsvollen Ziele sowie bei der Inbetriebnahme der Anlage nahm Dr. Nelles an vorderster Front teil.

Im Jahr 1991 wechselte er als Betriebsleiter auf die Kokerei Rheinhausen. Hier stand er zunächst vor der großen Herausforderung, die alte Anlage zu sanieren, um dann recht bald feststellen zu müssen, dass die Stilllegung unausweichlich war. Beides bedurfte der Begleitung durch einen exzellenten Fachmann, zu dem sich Dr. Nelles mittlerweile entwickelt hatte. Und so war es nicht verwunderlich, dass man ihn anschließend im Jahr 1993 wieder auf die Kokerei Huckingen zurückrief – und das sicher auch vor dem Hintergrund der bald vakant werdenden Stelle des Kokereileiters. Dr. Nelles übernahm zunächst in der Funktion eines Betriebsleiters den Bereich Kokereientwicklung. Ein wenig abseits vom reinen Produktionsbetrieb konnte er sich hier voll der Optimierung des Betriebes widmen.

Im Januar 1996 wurde er dann Nachfolger von Dr. Beckmann als Kokereileiter, wobei ihm bei dieser Entscheidung seine Zeit auf der Kokerei Rheinhausen sicher zu Gute kam, wie Dr. Nelles es manchmal selbst bezeichnet hatte. Sogleich stand er vor der großen Herausforderung, die abnehmende Verfügbarkeiten heimischer Kokskohlen durch geeignete Importkohlen zu kompensieren. Hierbei kamen ihm sicher auch seine Erfahrungen mit feinkörnigen Kokskohlen und deren Einfluss auf die Dilatation aus seiner Doktorarbeit zu Gute. Diese Aktivitäten waren verbunden mit vielen Auslandsreisen, bei denen er sich über die Lagerstätten und Produktionsbedingungen der Kokskohlen informierte. Für den studierten Bergmann war es ein Leichtes, hier den richtigen Ton für die ausländischen Kollegen zu finden.

Seit dem Jahr 2005 war Herr Dr. Nelles in die Planungen für den Bau der zweiten Batterie eingebunden. Eine Vielzahl von Neuerungen und Verbesserungen zeigen seine Handschrift. Die Inbetriebnahme der Batterie selbst erlebte er dann als Ruheständler, schied er doch Im Jahr 2013 aus dem aktiven Berufsleben aus.

Sein erfolgreiches Wirken auf der Kokerei führte Dr. Nelles stets auf das gute Verhältnis zu seinen Mitarbeitern zurück. Auch kritische Betriebssituationen konnten so gemeinsam gemeistert werden. Herr Dr. Nelles war stolz auf seine Mitarbeiter.

Kollegialität pflegte Dr. Nelles auch auf überbetrieblicher Ebene im nationalen und europäischen Ausschusswesen.

Von 1996 bis 2013 war er Mitglied im Deutschen Kokereiausschuss - von 1999 bis 2013 deren Vorsitzender. Die gute Zusammenarbeit mit den deutschen Kokereikollegen zeigte sich besonders in den Krisenjahren 2008/09, als er zusammen mit ihnen eine Stellungnahme zu den technischen Grenzen beim Herunterfahren von Koksofenbatterien abgab. Im Jahr 2013 ehrte der Ausschuss Herrn Dr. Nelles mit der Ehrenmitgliedschaft.

Über viele Jahre war Dr. Nelles stellvertretender Vorsitzende des VDKF. Seiner Initiative ist es zu verdanken, dass der Verein weiteren Kreisen geöffnet wurde.

Seine internationalen Kontakte konnte er während seiner Mitgliedschaft im Europäischen Kokereiausschuss weiter vertiefen. Von 1996 bis 2013 war er Mitglied in diesem Ausschuss - von 2003 bis 2005 dessen Chairman – eine Aufgabe, die er auch gern wahrnahm.

Mit Herrn Dr. Nelles ehrt der VDKF heute einen reinrassigen Koker in der dritten Generation. Herr Dr. Nelles ist verheiratet, und einer seiner Söhne ist beruflich der Verkokung nicht ganz fern, so dass die Tradition auch fortgeführt wird.

Mit der Verleihung der Koker-Medaille 2016 an Herrn Dr. Leo Nelles ehren wir einen exzellenten Kokereifachmann und immer gern gesehenen Gesprächspartner. Durch seine vielfältigen Initiativen hat er den Erfahrungsaustausch mit Kollegen über die Grenzen hinaus gefördert und so die Interessen des deutschen Kokereiwesens wirkungsvoll gestärkt.