Der Vorstand des Vereins Deutscher Kokereifachleute e.V. und die Jury zur Verleihung der Koker-Medaille haben einstimmig beschlossen, die
Koker-Medaille 2018
Herrn Jean-Paul Gaillet
aus Macheren (Frankreich) zu verleihen.
Mit der Auszeichnung sollen die besonderen Leistungen von Herrn Gaillet auf dem Gebiet der Kokerei-Forschung, insbesondere für die Entwicklung von Methoden zur Schadensfrüherkennung an Koksöfen gewürdigt werden.
Jean-Paul Gaillet wurde am 3. Dezember 1950 in Saint-Fons, einem Stadteil von Lyon, geboren.
Nach einem erfolgreichen Chemie-Studium an der Universität von Lyon zog es ihn von der Rhone in den Norden von Frankreich, nach Lothringen. Seiner zurückgelassenen Heimat blieb er weiterhin verbunden, und das sicherlich nicht nur des guten Weines wegen. Jetzt aber rückte die Steinkohle in den Fokus seines Interesses: im Jahr 1977 begann er seine berufliche Karriere als Wissenschaftler Im Centre de Pyrolyse de Marienau (CPM) in Forbach nahe der Grenze zum Saarland. Unter seinem damaligen Chef Dr. Emile Yax, der vielleicht auch heute noch dem Einen oder Anderen als exzellenter Kokereifachmann in Erinnerung ist, entwickelte sich rasch sein Interesse für den Verkokungsprozess und die thermischen Randbedingungen, die diesen erst möglich machen. Den dahinter stehenden Fragestellungen und natürlich auch den technischen Lösungen ist Herr Gaillet sein ganzes Berufsleben verbunden geblieben.
Ein guter Einstieg waren umfangreiche Untersuchungen zur Wärmeverteilung im Koksofen, die er im halbtechnischen Maßstab und auf verschiedenen Kokereien durchführte. Eine Optimierung der Prozesskontrolle gelang ihm durch die Entwicklung von Verfahren zur Bestimmung des Verkokungsendes sowie auch zur Messung der Koks-Endtemperatur während des Druckvorganges.
Im Jahr 1982 übernahm Herr Gaillet die Leitung der Arbeitsgruppe Prozess-Kontrolle bei CPM. Wesentliche Schwerpunkte der jetzt durchgeführten Projekte waren die Erarbeitung von Methoden zur Schadensfrüherkennung an Koksöfen. Die in seinem Team entwickelten Sonden PYROFIL, VIDEOFIL sowie verschiedene spezielle Endoskope ermöglichen Einblicke in das Batteriemauerwerk auch in besonders schwer zugänglichen Bereichen und werden heute weltweit zur Analyse von Feuerfest-Schäden bzw. zur Planung der erforderlichen Reparaturarbeiten eingesetzt. Besonders in Südkorea und in Japan haben sich die von ihm entwickelten VIDEOFIL-Sonden auf vielen Kokereien etabliert.
Die konsequente Anwendung der von Herrn Gaillet entwickelten Methoden zur Schadensfrüherkennung hat in vielen Fällen sicher dazu beigetragen, dass die Lebensdauer der analysierten Batterien verlängert werden konnte.
Auch die Wärmetechnik, die Charakterisierung von Kokereieinsatzmischungen, Maßnahmen zur Verbesserung der Koksqualität und die Untersuchung verfahrenstechnischer Zusammenhänge standen immer wieder im Mittelpunkt der Tätigkeiten von Herrn Gaillet.
Seine Forschungs- und Entwicklungsprojekte wurden vielfach von der EGKS – der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl – gefördert, und Herr Gaillet wurde wegen seines großen Wissens und seiner liebenswerten Art gern in den Kreis der europäischen Kokerei-Forscher aufgenommen. Von der Generaldirektion Forschung der Europäischen Kommission wurde er zudem in den Gutachterkreis zur Bewertung von Forschungsvorhaben berufen.
Die Ergebnisse der Arbeiten von Jean-Paul Gaillet sind in mehr als 80 Vorträgen, Veröffentlichungen und Tagungsberichten festgehalten.
Zusammen mit seinen Mitarbeitern war Herr Gaillet weltweit ein gefragter Gesprächspartner und Berater bei sämtlichen betrieblichen Problemen in der Kokereiindustrie. Sein reichhaltiges Wissen floss dabei häufig in die Planung neuer Bauvorhaben ein.
Die Association technique de la sidérurgie (ATS) zeichnete Herrn Gaillet im Jahr 1996 für seine Beiträge zur technischen Weiterentwicklung mit dem ATS-Preis aus.
Im Jahr 2002 wurde Herrn Jean-Paul Gaillet die Leitung des CPM übertragen. Wesentliche Spuren hat er hier hinterlassen, als es ihm nach Auslaufen der EGKS-Forschung gelang, unter der Trägerschaft von ArcelorMittal Research und der Zentralkokerei Saar wieder ein solides Fundament für die zukünftige Arbeit des CPM zu gewinnen.
Zukunftssicherheit verspricht auch die vor einigen Jahren initiierte systematische Schulung von Kokereimitarbeitern für die französische Kokereiindustrie. So kann man heute auf französischen Kokereien oft auf junge Mitarbeiter treffen, die ihre berufliche Laufbahn beim CPM begonnen haben. Auch auf internationaler Ebene versuchte Herr Gaillet sein Wissen an junge Mitarbeiter weiterzugeben. So war er Referent bei den sogenannten Mac Master Cokemaking Kursen in Kanada sowie auch beim VDEh Cokemaking Seminar.
Herr Gaillet war über viele Jahre Mitglied in verschiedenen technischen Vereinigungen und Kommissionen weltweit. In den Jahren 2006/07 war er Chairman des Europäischen Kokereiausschusses.
Auf seinen von ihm gern wahrgenommenen Dienstreisen konnte er weltweit viele Freundschaften mit Kokereikollegen schließen, so dass sich Türen vielfach leichter öffnen ließen. Der ostasiatische Raum hatte es ihm besonders angetan. Mitgereiste Kollegen erinnern sich gern an seine legendären Karaoke-Auftritte beim geselligen Teil solcher Reisen, was sicherlich auch zur erfolgreichen Umsetzungen seiner Entwicklungsarbeiten beigetragen hat.
Im Juni 2017 trat Herr Jean-Paul Gaillet in den Ruhestand. Jetzt hat er sicher auch wieder mehr Zeit zum Genießen von guten Weinen und der Haute Cuisine, sowohl aus der alten als auch aus der neuen, liebgewonnenen Heimat in Lothringen. Er ist verheiratet und hat drei Töchter. Seinen Wohnsitz hat er heute noch in Macheren in der Nähe von Forbach.
Der Verein deutscher Kokereifachleute ehrt mit Herrn Jean-Paul Gaillet einen hervorragenden Kokereifachmann, dessen Name mit der Entwicklung von Verfahren zur Schadensfrüherkennung an Koksöfen verbunden bleiben wird. Und manch betagte Koksofenbatterie verdankt ihr Dasein vielleicht den von ihm entwickelten Methoden.
Über die Grenzen Frankreichs hinaus erinnern sich seine Kokereikollegen gern an ihn und an sein freundschaftliches Wesen.